Die Quarantäne
Wenn ein neues Tier einzieht, egal ob
als Einziges oder mit Mehreren und auch egal, ob bereits Reptilien im
Haushalt leben oder nicht, sollte als erstes eine Quarantäne durchgeführt
werden. Was genau damit gemeint ist und warum das so wichtig und sinnvoll ist, auch bei Einzeltieren,
erkläre ich nachfolgend.
Vorher jedoch noch ein anderer
Hinweis am Rande:
Neue Tiere sollten frühestens 7 Tage (Jungtiere) bzw. 14 Tage (semiadulte
und adulte Tiere) nach dem Einzug das erste Mal gefüttert werden, wenn sie
sich ein wenig eingelebt haben. Durch den Umzugstress ist das Risiko des
Erbrechens sonst groß und das wäre für den Körper nicht sonderlich gut!

Eine
Besonderheit von Reptilien ist, dass man ihnen Erkrankungen oder
Parasitenbefälle oft kaum bis gar nicht anmerkt bis sie soweit
fortgeschritten sind, dass es fast zu spät ist.
Dieser Umstand
ist insbesondere dann ein Problem, wenn man neue Tiere bekommt und sie
direkt in ein Terrarium oder sogar gleich zu Artgenossen setzt.
Man kann nämlich nicht zwingend erkennen, ob das Tier tatsächlich gesund
ist und auch, ob es beim Vorbesitzer immer unauffällig war, immer gut
gefressen hat, nie Häutungsprobleme hatte, o.ä. spielt dafür leider keine
nennenswerte Rolle, Krankheitserreger oder Parasiten haben und ausscheiden
kann das Tier trotzdem.
Nun kann man
sich vorstellen, dass ein Kontakt zu anderen Tieren zur Übertragung der
Erreger / Parasiten führen kann, aber warum sollte man dann Einzeltiere
auch erst einmal in Quarantäne setzen?
Die Frage ist recht schnell beantwortet. Setzt man das Tier direkt in ein
Terrarium und scheidet es dort Erreger / Parasiten aus, dass ist dort
alles kontaminiert. Je nach Art der Erreger / Parasiten kann das relativ
harmlos und einfach zu beheben sein, aber es kann auch zu ernsten
Problemen führen und schlimmstenfalls die Entsorgung der gesamten
Einrichtung und ggf. auch des Terrariums notwendig machen, um ständige
Reinfektionen zu verhindern.
Nicht alles lässt sich nämlich mit einfachen Reinigungsmitteln oder
Desinfektionsmitteln beseitigen. Dies gilt insbesondere für Holzterrarien
(und ganz besonders OSB wegen der vielen Zwischenräume in den Spänen), wo
es sich die mikroskopisch kleinen Quälgeister so richtig gemütlich machen
können ohne, dass man ihnen dort ernsthaft habhaft werden kann.
Wer sich nun
die Erstausstattung für das Tier für teilweise mehrere hundert Euro
angeschafft hat ist sicher nicht so scharf darauf nach kurzer Zeit alles
entsorgen zu können, weil eine ausreichende Reinigung / Desinfektion nicht
mehr möglich ist.
Um dies zu
verhindert und natürlich auch im Ansteckungen zu verhindert, wenn bereits
andere Reptilien im Haushalt leben, ist eine gut durchgeführte und
ausreichend lange Quarantäne der sinnvollste Weg.
Wenn ein Tier
bereits mit Terrarium einzieht und keine weiteren Artgenossen mitbringt
kann man die Quarantäne auch in diesem Terrarium durchführen, sollte aber
darauf gefasst sein, dass dies ggf. dann tatsächlich entsorgt werden muss,
wenn es einen positiven Befund gibt der das nötig macht.

Soweit so
gut, aber
wie läuft das nun alles genau ab und wie lange dauert es?
Wichtig ist,
dass die Quarantäne zur besseren Beobachtung und genauen Diagnostik immer
separat durchgeführt wird.
Ziehen also
beispielsweise mehrere Tiere gleichzeitig ein sollten sie jeweils einzeln
in eine eigene Quarantänebox gesetzt werden, auch wenn sie vorher zusammen
gelebt haben.
Da das
Vorhandensein, die Menge und die mögliche Symptomatik einer Erkrankung
oder eines Parasitenbefalls immer auch unmittelbar mit dem Immunsystem,
dem allgemeinen Gesundheitszustand, dem Alter, usw. des Tieres
zusammenhängt können auch Tiere die zusammen gelebt haben ganz
unterschiedlich stark (oder auch mal eins gar nicht) betroffen sein. Auch
Stress spielt eine wesentliche Rolle, da er sich negativ auf das
Immunsystem auswirkt. So könnte es beispielsweise passieren, dass in einer
Gruppe einige Tiere etwas haben und Andere nicht. Bleiben sie nun nach dem
Umzug zusammen und schwächt der Umzugsstress das Immunsystem der Tiere,
könnten sich die nicht Betroffenen plötzlich doch noch bei den Betroffenen
anstecken. Werden sie jedoch sofort separat untergebracht wäre dies nicht
möglich (sofern die für eine Quarantäne notwendigen Hygienemaßnahmen
eingehalten werden).
Die
Unterbringung in der Quarantäne sollte in einem Behältnis erfolgen das
sich gut reinigen und desinfizieren lässt, z.B. eine Kunststoffbox oder
ein kleineres Glasterrarium.
Die Einrichtung sollte eher spartanisch und vor allem ebenfalls
desinfizierbar oder entsorgbar sein.
Ich verwende beispielsweise Küchenpapier um den Boden auszulegen, sowie
Einwegverstecke aus Pappe die regelmäßig entsorgt und gegen Neue getauscht
werden sowie Kunststoff- oder Glasgegenstände die regelmäßig desinfiziert
und gereinigt werden.
Auch kleine Kletterästchen aus dem Wald kommen zum Einsatz die ebenfalls
regelmäßig getauscht werden.
Natürlich ist
auch während der Quarantäne eine Wärmequelle notwendig. Ich empfehle
hierfür kleine Klemmlampen oder Schreibtischlampen die außerhalb
angebracht werden können und einen Teil der Unterkunft bestrahlen. Es
sollte immer nur maximal eine Hälfte der Unterkunft direkt erwärmt werden,
damit innen verschiedene Temperaturzonen entstehen und das Tier sich
aussuchen kann in welchem Temperaturbereich es sich aufhalten möchte.
So könnte
eine Quarantänebox für ein Jungtier beispielsweise aussehen
(für größere Tiere sollte die Box und die Einrichtung entsprechend an
die Körpergröße angepasst sein).
Es handelt
sich um eine einfache Kunststoffbox wie es sie überall zu kaufen gibt.
Mit einem Lötkolben sind einige kleine Lüftungslöcher vorne unten und
hinten oben eingebrannt worden.
Achtung!
Die Box sollte so aufgestellt
werden oder beschaffen sein, dass mindestens 3 Seiten, sowie mindestens
die Hälfte des Deckels blickdicht sind, aber dennoch genug Licht durch die
Lampe hinein kommt.
So offen wie auf dem Foto gezeigt wäre die Box in der Realität
nicht, dies dient nur der Anschauung, weil man den Inhalt sonst nicht
sehen könnte!

(zum
Vergrößern anklicken)
Die Dauer der
Quarantäne sollte mindestens 2-3 Monate betragen. Für größere Bestände wo
eine Übertragung viel gravierendere Folgen hätte, weil sehr viel mehr
Tiere gefährdet wären oder für Bestände in denen bereits bekanntermaßen
sehr junge, sehr alte, schwache oder chronisch kranke Reptilien leben,
empfiehlt sich eine Dauer von 6 Monaten oder mehr.
In dieser Zeit
sollten die Quarantänetiere natürlich sehr genau beobachtet werden, aber
vor allem sollten einige Untersuchungen durchgeführt werden, um einen
unbemerkten Befall mit Erregern oder Parasiten bestmöglich ausschließen
oder erkennen und behandeln zu können.
Häufig tragen Reptilien Erreger / Parasiten lange Zeit in sich ohne, dass
die Symptome verursachen oder anderweitig auffallen. Dennoch können diese
infizierten, aber nicht erkrankten Tiere Andere anstecken die sehr viel
sensibler darauf reagieren und schnell erkranken oder sogar versterben.

Hygienemaßnahmen, was ist wichtig?
Hat man
lediglich ein Reptil in Quarantäne und keine Weiteren im Haushalt, muss
man nicht ganz so vorsichtig sein. Besteht jedoch die Gefahr andere
Reptilien mit irgendetwas zu infizieren das von dem/den Quarantänetier/en
kommen könnte, sollten einige Maßnahmen unbedingt beachtet werden.
Am wichtigsten
ist, dass beim Handling der Tiere, beim Reinigen der Quarantäneunterkunft,
bei der Entsorgung des Mülls, usw. unbedingt immer Einweghandschuhe
getragen werden (für jedes Quarantänetier ein neues Paar!) oder die Hände
jedes Mal mit einem geeigneten Händedesinfektionsmittel gründlich
(Anleitungen zur richtigen Vorgehensweise der Händedesinfektion gibt es
z.B. bei Youtube) desinfiziert werden.
Das Desinfektionsmittel sollte die Bezeichnung "viruzid" tragen, damit
auch unbehüllte Viren zuverlässig unschädlich gemacht werden würden.
Zudem sollten
Verbrauchsgegenstände wie z.B. Küchenkrepp, Pappeinrichtung, o.ä. sowie
mit Kot kontaminierte Gegenstände direkt entsorgt bzw. desinfiziert und
nicht erst noch irgendwo zwischengelagert / gesammelt werden.
Einrichtungsgegenstände die nicht entsorgt werden sollten trotz
Desinfektion nicht zwischen den Tieren getauscht werden, sondern jedes
Tier immer nur seine eigene Einrichtung zurück bekommen. Gleiches gilt für
Reinigungsgegenstände wie Bürsten oder Schwämme. Wobei die Reinigung nach
Möglichkeit mit Einwegtüchern erfolgen konnte die anschließend sofort
entsorgt werden.
Arbeitsutensilien wie z.B. Futterpinzetten, (falls nötig), Schlangenhaken,
usw. sollten zwischen der Benutzung bei verschiedenen Tieren immer
gründlich desinfiziert werden. Hierfür eignet sich z.B. kochendes Wasser
gut. Pinzetten oder Haken aus Metall können dort (je nach Größe)
problemlos für jeweils 2-3 Minuten hineingelegt und anschließend bei einem
anderen Tier benutzt werden.

Worauf
genau und wie sollte nun während der Quarantäne untersucht werden?
Parasiten:
Die gängigsten Parasiten bei Schlangen sind Würmer, Flagellaten, Kokzidien
und Kryptosporidien.
Auf diese Parasiten sollte unbedingt mehrfach untersucht werden indem
frischer Kot in ein Labor eingeschickt wird. Das kann man selbst
machen oder den Kot beim Tierarzt abgeben und von dort aus einschicken
lassen.
Die mehrfache
Untersuchung im Abstand einiger Tage ist deswegen wichtig, weil einige
Parasiten nicht immer, sondern nur intervallartig ausgeschieden werden,
sodass eine Probe trotz Befall negativ sein kann. Zudem wird aus
technischen Gründen immer nur ein gewisser Teil einer Probe untersucht und
dabei kann es per Zufall sein, dass ausgerechnet ein Bereich erwischt wird
der kaum oder gar nicht kontaminiert ist, obwohl in der gesamten Probe
viele Parasiten enthalten sind.
Es gibt zwei
Besonderheiten für die Untersuchungen.
Die Eine findet man bei den Flagellaten, hier ist zu beachten, dass der
Kot ganz frisch sein muss, weil sie bereits schon nach ganz wenigen
Stunden oft kaum bis gar nicht mehr nachweisbar sind. Deswegen empfiehlt
es sich hier direkt vom Tierarzt (reptilienkundig!) eine Probe vom Tier
entnehmen und direkt vor Ort unter dem Mikroskop untersuchen zu lassen.
Die zweite
Besonderheit findet sich bei den Kryptosporidien.
Es gibt zwei Arten die für Schlangen sehr gefährlich (bis tödlich) und
höchstinfektiös sind, das sind Cryptosporidium serpentes (befällt die
Magenschleimhaut) und Cryptosporidium saurophilum/varanii (befällt die
Darmschleimhaut), allerdings gibt es auch harmlose Darmpassanten die über
infizierte Futtertiere aufgenommen werden und für die Schlange völlig
ungefährlich sind. Dies sind in der Regel Cryptosporidium muris und
Cryptosporidium parvum.
Da der Nachweis von Kryptosporidien über den Kot sehr ungenau ist, weil
sie nur sporadisch ausgeschieden werden, sollte zusätzlich zum Kot auch
immer eine Magenspülprobe entnommen und untersucht werden.
Dies kann über einen ELISA (Antigen) Test gemacht werden. Das Problem ist,
dass dieser Test zwar relativ günstig ist, aber nicht zwischen den Arten
unterscheiden kann. Ist das Ergebnis als positiv kann es sich sowohl um
die harmlosen Arten aus Futtertieren handeln, als auch um die für
Schlangen gefährlichen Arten.
Um herauszufinden um welche Art es sich handelt ist eine
Speziesdifferenzierung nötig die aber eine (teurere) PCR voraussetzt.
Ich empfehle daher, erst einmal per ELISA testen zu lassen mit dem Hinweis
an das Labor die restliche Probe noch aufzubewahren. Sollte dann ein
Ergebnis positiv ausfallen kann das Labor die aufbewahrte Probe einfach
direkt per PCR inkl. Spezies-Differenzierung nachuntersuchen und dann
Gewissheit über die Art liefern.
Neben Kot und
Magenspülprobe eignen sich auch erbrochene Futtertiere gut für eine
Untersuchung auf Kryptosporidien, zumal das Erbrechen des Futters ein
erstes Anzeichen für eine Infektion mit diesen Parasiten sein kann.
Die
Kryptosporidien Untersuchung ist eine der Wichtigsten,
weil diese Parasiten extrem infektiös sind, viele Jahre ohne Symptome
verlaufen können, aber bei einem Ausbruch oftmals tödlich verlaufen und es
bisher keine zuverlässige und weitgehend risikofreie Behandlungsmethode
gibt. Behandlungen mit einem halbwegs wirksamen Nervengift verlaufen auch
nicht selten tödlich und oft bleiben die Tiere, wenn die Behandlung
erfolgreich verlaufen ist, dennoch ihr Leben lang Dauerausscheider und
können immer noch andere Tiere infizieren.
Wenn man
Reptilien (besonders Kornnattern und Leopardgeckos) abgibt sollte man
sicher sein, dass sie frei von Kryptosporidien sind denn infizierte Tiere
sollten keinesfalls unerkannt in Umlauf geraten!
Viren:
Die gängigsten
Viren bei Schlangen sind Adenoviren, Arenaviren, Nidoviren,
Paramyxoviren/Ferlaviren und Reoviren (speziell bei Nattern vor allem
Adenoviren, Paramyxoviren/Ferlaviren und Reoviren).
Da auch Viren
großen Schaden anrichten können, zumal sie auch über die Luft und nicht
nur durch direkten Kontakt übertragbar sind, sollte auch darauf untersucht
werden. In der Regel erfolgt die Untersuchung über einen Trachealabstrich
(Trachea = Luftröhre) und Blut. Aber auch ein Abstrich aus Maulschleimheit
oder Kloake kann ggf. sinnvoll sein. Da dies ohnehin ein Tierarzt machen
muss wird er auch entscheiden welche Probe für welche Untersuchung wo
entnommen werden sollte.
Einige Labore
wie z.B. Laboklin bieten inzwischen Untersuchungsprofile für eine Sammlung
von Viren an (darunter auch ein Profil für Nattern/Vipern auf die
häufigsten Viren). Dadurch werden die Kosten gesenkt, vergleichen zu
mehreren Einzeluntersuchungen.
Bakterien:
Auch Bakterien machen gern mal Probleme und können natürlich auch
von Tier zu Tier übertragen werden. Das Ansetzen von Bakterienkulturen aus
Abstrichen des Rachens und der Kloake machen daher ebenfalls Sinn.

Sind nach
mehreren Monaten und mehreren Probenuntersuchungen keine positiven
Befunden aufgetreten oder sind nach positivem Befund und anschließender
Behandlung die nachfolgenden Kontrollproben mehrfach negativ ausgefallen
und hat das Tier während der gesamten Zeit keine Auffälligkeiten gezeigt,
kann die Quarantäne beendet und das Tier in sein vorgesehenes Terrarium
umgesiedelt werden.
Sicherheitshalber empfiehlt es sich zur weiteren Kontrolle aber dennoch 1x
jährlich eine Kotprobe im Labor auf die gängigen Parasiten untersuchen zu
lassen.